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An die Hoffnung

Friedrich Hölderlin

O Hoffnung ! holde ! gütiggeschäftige !
Die du das Haus der Trauernden nicht verschmähst,
Und gerne dienend, Edle ! zwischen
Sterblichen waltest und Himmelsmächten,

Wo bist du ? wenig lebt ich; doch atmet kalt
Mein Abend schon. Und stille, den Schatten gleich,
Bin ich schon hier; und schon gesanglos
Schlummert das schaudernde Herz im Busen.

Im grünen Tale, dort, wo der frische Quell
Vom Berge täglich rauscht, und die liebliche
Zeitlose mir am Herbsttag aufblht,
Dort, in der Stille, du Holde, will ich

Dich suchen, oder wenn in der Mitternacht
Das unsichtbare Leben im Haine wallt,
Und ber mir die immerfrohen
Blumen, die blhenden Sterne, glänzen,

O du des Aethers Tochter ! erscheine dann
Aus deines Vaters Gärten, und darfst du nicht,
Ein Geist der Erde, kommen, schröck, o
Schröcke mit anderem nur das Herz mir.


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